Liebe Schwestern und Brüder!
„Es lohnt sich immer, in Kontakt mit den Heiligen zukommen. Der Glaube braucht Zeugen. Er braucht Menschen, die diesen Glauben verkünden.“ Mit diesen Worten hat unser Bischof Franz die Eindrücke der Pilgerfahrt nach Irland mit den Reliquien der Frankenapostel Kilian, Kolonat und Totnan Anfang Oktober auf den Punkt gebracht.
Ja, liebe Schwestern und Brüder, es lohnt sich immer, in Kontakt mit den Heiligen zukommen. Das spüre auch ich manchmal, wenn ich am Abend vom Ordinariat durch den Dom nach Hause gehe. Jedesmal beeindruckt mich das Meer von Kerzen zu Füßen der Muttergottes und ich werde mir bewusst: den ganzen Tag über suchen hier Menschen den Kontakt zu Maria, um der Gottesmutter ihre Anliegen anzuvertrauen und eine Kerze anzuzünden: ein Licht der Hoffnung, das auch dann noch lange brennt, während sie selbst längst schon wieder von der Geschäftigkeit des Alltags fortgetragen wurden hinaus aus dem Dom hinein in die geschäftige Welt.
Ja, es lohnt sich, mit den Heiligen in Kontakt zu kommen. und es hat sich für uns Pilgerinnen und Pilger gelohnt, einmal vom Dom hier aufzubrechen und nach Irland zu reisen, an den Ursprung unserer Missionierung im 7. Jahrhundert.
Unser Dommnistrant Fabian Schätzlein hat es in einem Fernsehinterview in Irland ganz keck ausgedrückt, dass es ihm wichtig war, „dass man mal sieht, wo der heilige Kilian herkommt.“ Fabian meint: „Ich ministriere jetzt seit neun Jahren. Jedes Jahr bei der Kilianiprozession haben wir Heimspiel. Das hier in Irland ist jetzt mal ein Auswärtsspiel. Das ist schon mal was Anderes.“
Und genau dieses „andere“ hat uns als Pilgerinnen und Pilger berührt: noch einmal ganz anders und neu in Kontakt mit dem heiligen Kilian zu kommen. Eine der wenigen Tatsachen, die wir über Kilian wissen, ist, dass er aus Irland kam. Und so haben wir oft das Kiliansgebet aus Mullagh während unserer Wallfahrt gebetet, in dem es heißt:
„Zu Dir, Kilian von Mullagh und Würzburg, erheben wir als betende Pilger Geist und Herzen. Der See, der Hügel und die Quelle in Mullagh, die Du geliebt und doch verlassen hast, erinnern uns bis heute an Deine mutige Pilgerschaft für Christus.“
Und uns allen lief eine Gänsehaut über den Rücken, als wir an dieser Quelle standen, an der sich über die Jahrhunderte die Menschen versammelten, besonders in der Zeit der Unterdrückung der katholischen Kirche durch die Briten.
Als dort spät am Abend in der Dunkelheit die Reliquien auf heimischen Boden begrüßt wurden, konnte man einen Hauch von Geschichte atmen. Dann zogen wir vorbei am Hügel, auf dem ein großes Lagerfeuer brannte bis zum See, wo szenisch die Ankunft von Kilian, Kolonat und Totnan mit einem Boot dargestellt wurde. Von dort brachen wir auf zu Sankt Kilianskirche in Mullagh, wo die Menschen bis zum nächsten Morgen Nachtwache bei Kilian hielten.
Ja, liebe Schwestern und Brüder,
nur wo Begeisterung aufkommt, kann der Funke überspringen! Nur wo Menschen sich von der Begeisterung anderer anstecken lassen, kann eine ausstrahlungskräftige Gemeinschaft wachsen. Die Pilgerfahrt nach Irland hat uns in Kontakt mit dem Ursprung unserer irischen Missionare gebracht. Uns Pilgerinnen und Pilgern stand vor Augen, wie sehr es die Menschen in Irland berührt hat, dass der, auf den sie so lange gewartet hatten, nun tatsächlich zu Besuch gekommen war: Kilian, einer von ihnen, vor über 1300 Jahren aufgebrochen, um auf dem Festland und schließlich in Würzburg den Glauben an Jesus Christus zu verkünden.
Pfarrer Paul Prior aus Mullagh brachte es so ins Wort:
„Es ist eine wundervolle Zeit für die Menschen hier, weil sie so lange gewartet haben. Die Tatsache, dass ein Sohn ihrer Gemeinde nach so vielen Jahren zurückkehrt, das ist etwas, was tief in den Menschen verwurzelt ist, denn sie identifizieren sich wirklich mit ihm.“
Ja, am Anfang der Begeisterung für Jesus Christus stand hier bei uns in Würzburg und in Franken ein Mann namens Kilian, keiner von uns, sondern ein Missionar aus Irland. Er muss ein so begeisternder Glaubenszeuge gewesen sein, dass die Menschen im siebten Jahrhundert hier in Franken das Christentum wirklich zu ihrem großen Thema gemacht haben. Kilian predigte die Seligpreisungen des Evangeliums und hat die Herzen seiner Zuhörerinnen und Zuhörer erreicht.
Im Gebet zu Kilian heißt es weiter:
„Als die irische Sprache zum ersten Mal in den Ohren der Würzburger klang, berührte Gott, der mit Dir, Sankt Kilian, gereist war, auch ihre Herzen.“
Liebe Schwestern und Brüder,
das Entscheidende an der Begeisterung während der Irlandfahrt war für mich, dass alle Begegnungen so sehr zu Herzen gingen. Die Freude und der Stolz der Iren, dass ihr großer Sohn Kilian nach Hause kam, hat uns alle tief berührt. Und mir selbst ist wieder neu klar geworden: Ja, unser Glaube kommt vom Hören. Er braucht Zeuginnen und Zeugen, die ihn verkünden. Aber in gleicher Weise geht unser Glaube von Herz zu Herz. Nur dann springt der Funke der Begeisterung über, nur so wird etwas spürbar von Gottes Heiligem Geist in den Herzen seiner Gläubigen. So hat uns Pilgerinnen und Pilger der Kontakt zur Heimat Kilians verändert. Wir sind anders zurückgekehrt als wir aufgebrochen waren.
Und wir haben einen Auftrag mit nach Hause gebracht: Auf unserer Pilgerreise nach Irland war viel spürbar von dieser völkerübergreifenden Sehnsucht nach Frieden und ich kann sagen: Die Reise von über 100 Pilgerinnen und Pilgern nach Irland und die überwältigende Gastfreundschaft, die wir dort erfahren haben, hat ein großes Band der Freundschaft zwischen Irland und Deutschland, zwischen der Diözese Kilmore, der Pfarrei Mullagh und uns in Würzburg geknüpft. Jedes Jahr an Kiliani dürfen wir jetzt an diesem Freundschaftsband weiterknüpfen über die Grenzen hinweg. Und dürfen uns gegenseitig besuchen und voneinander lernen. Deswegen stimmt es:
Es lohnt sich immer, in Kontakt mit den Heiligen zu kommen. Der Glaube geht von Herz zu Herz. In seiner irischen Heimat sind wir Pilgerinnen und Pilger unserem Kilian nochmal auf ganz neue Weise begegnet. Dafür sind wir alle unendlich dankbar.
Liebe Schwestern und Brüder,
wir alle bereiten uns in diesem Jahr vor auf das Heilige Jahr 2025. An Heilig Abend wird Papst Franziskus die Heilige Pforte im Petersdom öffnen. Er hat dem Jubeljahr das Motto gegeben: „Pilger der Hoffnung“. Es bringt für mich die Erfahrung auf den Punkt, die ich bei der Pilgerfahrt nach Irland und bei so vielen anderen Pilgerfahrten immer wieder erleben durfte: Es lohnt sich aufzubrechen aus dem Gewohnten.
Es lohnt sich, in Kontakt zu kommen mit den heiligen Petrus und Paulus in Rom, mit dem heiligen Kilian in Mullagh, mit dem heiligen Franziskus in Assisi mit der Muttergottes in Altötting oder bei uns in Dettelbach und in Schmerlenbach und an so vielen anderen Orten und mit dem heiligen Michael auf dem Engelberg.
Es lohnt sich, mit dem Ursprung aller Heiligkeit, mit Jesus Christus neu in Kontakt zu kommen bei einer Wallfahrt ins Heilige Land, auf den Berg der Seligpreisungen, an den See Genesareth und nach Golgotha in Jerusalem.
Unter großem Schmerz leiden wir darunter, dass dies nach dem 7. Oktober 2023 in diesen Tagen nicht mehr möglich ist. Aber unser Kreuzberg in der Rhön lädt uns ein, statt nach Jerusalem auf den Heiligen Berg der Franken zu pilgern und das Heilige Kreuz zu verehren.
Wo auch immer wir in Kontakt mit dem Heiligen kommen, da wird Gott unser Herz anrühren und uns mit neuer Hoffnung stärken. Das sind die Momente, die unser Leben verändern. Meine Mutter sagte nach jeder Pilgerreise: „Davon können wir lange zehren.“ Je älter ich werde, umso mehr stimme ich diesem Wort zu. Vergessen wir als Christinnen und Christen das Pilgern nicht. Denn es zeigt unsere Identität, unser Innerstes im Glauben: Denn wir alle sind Pilger der Hoffnung. Amen.